Tina Winkhaus

'IT'S ALL SHITTY'

Tina Winkhaus, 2012, with a videoinstallation by Fabian Grobe & Tina Winkhaus
all pictures: 100cm x 200cm matte photoprint behind 3mm acryl

Culture clash in den Arbeiten von Tina Winkhaus

Seit der Gottvater des Punk, Iggy Pop, auf der Bühne das Lied „it’s all shit“ performte, wissen wir: nicht nur das, was aussieht wie shit, ist shit, sondern auch das,was sich anfühlt wie shit, ist shit.

Aber was bedeutet der Titel „It’s all shitty“ der Fotomotive von Tina Winkhaus in Bezug auf ihren am Ideal der Gesellschaft gemessenen Inhalt? In der Fotoserie steht jeweils ein Jüngling, der unversehrt wie der Kritios-Knabe selber, aus den staubigen Resten der einstigen Grosspolis Athen, dem sog. Perserschutt um 480 v. Chr. auferstand. Der Kopf ist nicht mit klassischen Krabbenlöckchen verziert, sondern mit Masken der Superhelden des Comic wie Micky Maus, Batman oder Bucks Bunny. Sie starren den Betrachter verständnislos an.

Als subversive Strategie überlagert Winkhaus gegenläufige kulturelle Modelle: Denn häufig stellt sie in ihren gesellschaftskritischen Foto- und Videoarbeiten durch Schönheit monströse Abgründigkeit dar. Das tiefe Schwarz ist dabei oftmals mehr als eine Farbe. Es bildet die Folie für malerisch wirkende Inszenierungen, die wie Epiphanien aus dem Dunkel treten. Stets wollen die Arbeiten verführen, nehmen ein, sind opulent und brillant. Doch schnell bricht ihre Schönheit, wird entlarvend und zum abgründigen Unort gesellschaftlicher Tabus und menschlicher Schwächen.

Auch in dieser Serie setzt sie den Betrachter dem Spiel von high- und low art aus. Der bürgerlich genormte Betrachter erkennt kulturgewitzt nun die Figur eines Kritios-Knaben oder aber diejenige eines Doryphoros des Polyklet.
Doch führt Winkhaus dies in eine völlige Bedeutungslosigkeit, indem sie mit den Comic-Masken die einstigen Helden in holes appropiate überführt und damit einen Bezug zum Pop herstellt. Als kulturelle Herausforderung erhalten sie eine politische Bedeutung, indem die einstige Avantgarde Strategie des Pop, gesellschaftlich breitflächige Konsumkritik auszuüben, hier ebenso eine Aufweichung der normativen kulturellen Werte beinhaltet, die jeden Betrachter sich gleichsam in einem ausgeklügelt subversivem Labyrinth eigener Untiefen verlieren laesst.

Text: Dr. Heike Fuhlbrügge

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